KSG Andernach


Dr. Rüdiger Klein (Abiturientia 1976)
mit dem Familie-Hansen-Preis geehrt



Die Entwicklung des hochkomplexen Nervensystems wird durch chemische Signale gesteuert, die entscheiden, welche Zellen mit anderen Verbindung aufnehmen. Mit seinen Forschungen über Nervenwachstumsfaktoren konnte der Neurobiologe Privatdozent Dr. Rüdiger Klein entscheidend zum Verständnis der Entstehung solcher Nervennetzwerke beitragen. Dafür wurde er mit dem Familie-Hansen-Preis ausgezeichnet, der für besondere Leistungen in Biologie und Medizin verliehen wird.

Bis unser Nervensystem vollständig entwickelt ist, haben sich schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen gebildet, von denen jede durch mehrere tausend Verknüpfungen mit anderen Zellen verbunden ist. Damit gehört das Nervensystem zu den kompliziertesten Gebilden, die wir kennen.

Schon während der Entwicklung des Embryos bilden Nervenzellen lange, fadenförmige Fortsätze aus - sogenannte Axone. Mit ihnen stellen sie Verbindungen zu anderen Zellen her und leiten Nervenreize weiter. Um die richtige Zielzelle zu finden, führen Axone während ihres Wachstums Suchbewegungen aus, wobei sie durch chemische Signale von anderen Zellen abgestoßen oder angezogen werden.

Rüdiger Klein hat zusammen mit seinen Kollegen zwei dieser chemischen Signalsysteme erforscht: Er konnte ein lange gesuchtes Signal-Empfängermolekül für den Nervenwachstumsfaktor (Nerve growth factor, NGF) finden. Dieser NGF-Rezeptor bewirkt, daß ein Zellkontakt hergestellt und erhalten wird. Zur Zeit untersucht der Direktor am Max-Planck-Institut (MPI) für Neurobiologie in Martinsried bei München sogenannte Ephrin-signalmoleküle und Rezeptoren, die ein Zurückziehen des Axons von der kontaktierten Zelle bewirken.

Die Erkenntnisse der Wissenschaftler sind eine wichtige Basis für die Entwicklung von Behandlungen neuronaler Erkrankungen wie der Parkinson'schen Krankheit oder für die Therapie von Rückenmarksverletzungen. "Noch ist es natürlich eine Vision, aber in der Zukunft wird vielleicht ein Cocktail aus Nervenwachstumsfaktoren geschädigte Axone im Rückenmark regenerieren können", meint Klein, Darüber hinaus spielt das Ephrin-System, wie seine jüngsten Forschungsergebnisse zeigen, auch in der Bildung des Blutgefäß-Netzwerks eine Rolle.

Für seine Leistungen erhielt der sechsundvierzigjährige Forscher den mit 50.000 Euro dotierten Familie-Hansen-Preis, der vom verstorbenen ehemaligen Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden der Bayer AG, Professor Dr. Kurt Hansen, gestiftet und 2005 zum dritten Mal verliehen wurde.

In seiner Laudatio betonte Dr. Udo Oels, im Bayer-Vorstand verantwortlich für die Bereiche Innovation, Technologie und Umwelt: "Das Verständnis der von Dr. Klein erforschten Prozesse ist von großer Bedeutung für die komplexen Wechselwirkungen zwischen biologischen Zellen während der Entwicklung von Organismen. Damit wird die Grundlage für neue therapeutische Ansätze geliefert."

aus: Bayer research,
Ausgabe 17, S. 21