Christoph Blath: Bildungsstandards und Qualitätssicherung
Die rheinland-pfälzische Schulpolitik steht zur Zeit ganz im Zeichen von "Bildungsstandards" und "Qualitätssicherung". Die "Bildungsstandards", von denen sich die Bildungspolitiker eine wirksamere Steuerung schulischer Lernprozesse versprechen, beziehen sich auf den Kernbereich eines Faches und beschreiben die Verfügbarkeit bestimmter Kompetenzen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dabei handelt es sich nicht um Mindest-, sondern um sog. Regelstandards, die eine gewisse Bandbreitezulassen; sie sind daher auch nicht auf eine bestimmte Schulart, sondern auf einen bestimmten Abschlußbezogen. Bundesweit geltende Standards gibt es für den mittleren Bildungsabschluß in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Katholische Religionslehre. Für die übrigen Fächer sind wegen der leeren öffentlichen Kassen keine Standards vorgesehen.
Bei der Umsetzung der Bindungsstandards an den rheinland-pfälzischen Schulen sind drei Ebenen von besonderer Bedeutung: Die (nicht verbindlichen) Erwartungshorizonte beschreiben, in welchem Umfang und auf welchem Niveau die geforderten Kompetenzen am Ende der 6. und 8. Klasse erreicht werden sollen. Die weiterhin geltenden Lehrpläne leisten die inhaltliche Füllung. Schuleigene Arbeitspläne geben Auskunft darüber, welche konkreten Schritte zur Umsetzung der Bildungsstandards für ein Kollegium bzw. eine Fachschaft sinnvoll und erforderlich sind. Hierbei obliegt der Gesamtkonferenz der Abgleich der Bildungsstandards mit dem schulischen Qualitätsprogramm sowie die Verständigung auf Schwerpunkte. Zu den Aufgaben der Fachschaften zählen u. a. eine Bestandsaufnahme im Vergleich zu den Forderungen der Bildungsstandards, die Festlegung eines "Kernbereichs" sowie die überprüfung der bisherigen Maßnahmen zur Behebung von Lernschwierigkeiten.
Zur "Qualitätssicherung", d. h. um die erhoffte wirksamere Steuerung der Lernprozesse an den einzelnen Schulen zu überwachen, hat die rheinland-pfälzische Landesregierung die "Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbständigkeit von Schulen" (AQS) eingerichtet. Diese Institution besteht aus 27 Mitarbeitern, ist mit eigenen Büros, EDV und Fahrzeugpark ausgestattet und hat die Aufgabe, ab dem kommenden Schuljahr alle Schulen des Landes innerhalb von drei Jahren durch Schulbesuche und Berichte zu "evaluieren". Der eintägige Schulbesuch soll durch ein Inspektorenteam von in der Regel zwei Personen durchgeführt werden und neben Gesprächen auch Unterrichtsbesuche beinhalten. Nach dem Schulbesuch wird die AQS einen Bericht zur Qualitätsarbeit der einzelnen Schule als Grundlage für Zielvereinbarungen zwischen Schule und Dienstaufsicht erstellen.
An den Schulen des Landes herrscht inzwischen ein geschäftiges Treiben um "Bildungsstandards" und "Qualitätssicherung". Ob jedoch die Umformulierung der bisher geltendenallgemeinen fachbezogenen Lernziele in "Bildungsstandards", sowie deren an kybernetischen Kategorienausgerichtete, d. h. technokratische, Umsetzung in die schulische Praxis sowie die Errichtung eines bürokratischen Monsters namens "AQS" tatsächlich zu einer besseren Unterrichtsqualität führen wird, bleibt - auch wegen der mit diesen Maßnahmen verbundenen zusätzlichen Belastungen der Lehrer - abzuwarten.