Dr. Wolfgang Fischer: Prof. Dr. Gerhard Meyer-Hentschel gestorben
Die Vereinigung der ehemaligen Salentiner und das Kurfürst-Salentin-Gymnasium trauern um Prof. Dr. Gerhard Meyer-Hentschel, der am 14. Oktober 2005 starb.
Der Verstorbene war unserer Schule in vielfältiger Weise verbunden. Ich selbst lernte ihn in meiner Schulzeit als Schulelternsprecher des Kurfürst-Salentin-Gymnasiums kennen und erinnere mich noch an die eine oder andere Ansprache, die er bei der Verabschiedung unserer Abiturienten und anläßlich eines Schulkonzerts hielt.
Die Beziehungen Prof. Dr. Meyer-Hentschels zu unserer Schule reichen jedoch weiter zurück. Er war Schüler des Stiftsgymnasiums und legte dort 1930 die Reifeprüfung ab. In den Schulmessen, die damals noch in der Hospitalkirche stattfanden, wirkte er u. a. als Vorbeter oder als Orgelspieler. Zwei Lehrer, die er besonders verehrte, waren die Studienräte Dr. Ludwig Börsch und Peter Adams.
Er war stark vom katholischen Glauben durchdrungen, was ihm im Dritten Reich den Mut und die Kraft gab, katholische Jugendliche um sich zu scharen und mit ihnen im Pfarrgarten verbotene Gruppenstunden zu halten.
Das Kriegsende verschlug ihn in französische Gefangenschaft. Dort lernte er den schlesischen Studienrat Joseph Suchatzki kennen. Als die französische Besatzungsmacht nach der Wiedereröffnung der Schulen (am 1. Oktober 1945) die Entlassung der Lehrkräfte unter den französischen Kriegsgefangenen veranlaßte, schlug Meyer-Hentschel Studienrat Suchatzki vor, sich ebenfalls zu melden und um Beurlaubung für den Schuldienst in Andernach zu bitten und Meyer-Hentschels Adresse als Kontaktadresse anzugeben. Das Gesuch hatte Erfolg. So kam Joseph Suchatzki nach Andernach, wo er eine neue Heimat fand und bis zu seiner Pensionierung als Studienrat am Kurfürst-Salentin-Gymnasium wirkte.
Der letzte Königliche Kompatronatsverweser
Es ist vollkommen in Vergessenheit geraten, daß Prof. Dr. Gehard Meyer-Hentschel der letzte Königliche Kompatronatsverweser war. Dieses eigentümliche Amt ging auf eine Kabinettsorder des preußischen König Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) vom 10. Januar 1817 zurück. Danach beanspruchte der preußische Staat ein Mitspracherecht in allen nichtstaatlichen Schulen, die einen Staatszuschuß zur Deckung der Ausgaben des laufenden Schulbetriebs erhielten. Als 1873 die Lehrergehälter des Andernacher Progymnasiums an den sogenannten preußischen "Normaletat" gekoppelt wurden, brachte dies eine Erhöhung der Lehrergehälter mit sich, die die alte Stiftung des Kurfürsten Salentin und auch der Zuschuß der Stadt Andernach bei weitem nicht mehr abdecken konnten. Daher übernahm der preußische Staat die Mehrkosten und überwies jedes Jahr einen entsprechenden Zuschuß für die Gymnasialkasse, die von der Stadt Andernach verwaltet wurde. Um zu gewährleisten, daß die staatlichen Gelder sachgerecht verwendet wurden, entsandte der preußische Staat in den Verwaltungsrat der Schule einen Mann, der nach den Vorschriften der zitierten Kabinettsorder mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sein mußte und die Belange der jeweiligen preußischen Staatsregierung zu vertreten hatte (vgl. "Centralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen pro 1873", S. 710).
Der bedeutendste Königliche Kompatronatsverweser war der Bürgermeister von Andernach-Land Max Adam, der 1881 in sein Amt eingeführt wurde und es bekleidete, bis er 1935 im Alter von neunzig Jahren starb. Dieser allseits hochgeachtete Mann war in der Zeit der Weimarer Republik auch Oberamtmann der Andernacher Nachbarschaften und legte durch sein diplomatisches Geschick den Flaggenstreit bei, der den konfessionellen Frieden eine Zeitlang bedrohte. Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Rechte des preußischen Staates auf das Land Rheinland-Pfalz über. Doch erst am 11. November 1949 erhielt der Verwaltungsrat in der Person des Landrats des Kreises Mayen, Dr. Josef Jansen, einen neuen Kompatronatsverweser. Dr. Jansen bekleidete das Amt jedoch nur zwei Jahre lang, so daß Dr. Gerhard Meyer-Hentschel 1951 sein Nachfolger und damit der letzte "Königliche Kompatronatsverweser" wurde.
Im Auftrag des Verwaltungsrats leitete Dr. Meyer-Hentschel die Verhandlungen über die Verstaatlichung des Andernacher Stiftsgymnasium, das mit der Verstaatlichung in Kurfürst-Salentin-Gymnasium umbenannt wurde. Der Verstaatlichungsvertrag trägt seine Handschrift. Die Protokolle des Verwaltungsrats sammelte er in einer Akte, die er mir vor einigen Jahren schenkte.
Für das lange Engagement im Dienste unserer Schule und der Stadt Andernach sei dem Verstorbenen auch an dieser Stelle recht herzlich gedankt. Ich darf auch meinen persönlichen Dank für die zahlreichen Gespräche und Anregungen aussprechen, mit denen er meine Arbeit als Schriftführer der Vereinigung ehemaliger Salentiner und meine historischen Recherchen begleitet hat.