Christoph Blath: Verkürzung der gymnasialen Schulzeit im Rahmen einer Ganztagsschule
lm November des vergangenen Jahres stellte Bildungsministerin Doris Ahnen das Rahmenkonzept "Verkürzung der gymnasialen Schulzeit im Rahmen einer Ganztagsschule (G8GTS" vor. Diese Verbindung von Schulzeitverkürzung und Ganztagsschule soll auf freiwilliger Basis an zunächst ca. 15 Gymnasien in Rheinland-Pfalz eingeführt werden, und zwar schrittweise im Schuljahr 2008/09 und den beiden folgenden Schuljahren,
Gegenüber dem neunjährigen Gymnasium (G9) wird die Zahl der bis zum Abitur zu erteilenden Jahreswochenstunden um 6 Stunden gekürzt und auf 8 Schuljahre verteilt. Dadurch erhöht sieh beispielsweise die Zahl der Wochenstunden in den Klassen 7, 8 und 9 (bisher je 30) auf 33, 34 und 35. Die Jahrgangsstufe 10 (mit 35 statt bisher 30 Wochenstunden) wird eine Doppelfunktion haben: zum einen als letzte Klasse der Sekundarstufe 1 ("Mittlere Reife" am Ende der Jahrgangsstufe 10), zum anderen als erste Klasse und Einführungsphase der dreijährigen gymnasialen Oberstufe.
Die Erhöhung der Wochenstundenzahl führt dazu, daß ab Klasse 7 ein Teil des regulären Unterrichts am Nachmittag stattfindet. Unter Einbeziehung zusätzlicher "Lernzeit" in einer in das Ermessen der einzelnen Schule gestellten Form ergibt sich schließlich für die Klassen 7 bis 9 ein Ganztagsschulbetrieb (von 8.00 bis 16.00 Uhr) an 4 Tagen in der Woche.
Die Verkürzung der Sekundarstufe 1 auf 5 Jahre wird auch Folgen für den Fremdsprachenunterricht haben. Es ist davon auszugehen, daß der Beginn der 2. und 3. Fremdsprache jeweils um mindestens ein Jahr vorgezogen wird.
Auf den ersten Blick scheint es mit dem vorliegenden Rahmenkonzept möglich zu sein, die gymnasiale Schulzeit zu verkürzen, ohne zugleich die Zahl der Unterrichtsstunden in einem gröberen Maße zu reduzieren und somit Abstriche bei der Qualität schulischer Bildung zu machen.
Bei näherer Betrachtung ist die Befürchtung eines Qualitätsverlustes allerdings nicht von der Hand zu weisen. Die Erhöhung der Wochenstunden insbesondere in den Klassen 7 bis 9 sowie die früher einsetzenden Fremdsprachen führen zu deutlich höheren Anforderungen an die Schüler, die jedoch in der Praxis kaum durchsetzbar sein werden. So dürfte bereits der vermehrte Nachmittagsunterricht, der insbesondere bei jüngeren Schülern weniger effektiv als der Unterricht am Vormittag ist, zu einem gewissen Qualitätsverlust führen. Des weiteren werden sich die einzelnen Schulen darum bemühen, nicht allzu viele Schüler an den Anforderungen scheitern zu lassen, und zwar - aller Erfahrung nach - durch deren Herabsenkung.
Nicht einmal für die leistungsstärkeren Schüler ist eine Verkürzung der gymnasialen Schulzeit in jeder Hinsicht von Vorteil. Wie erste Erfahrungen mit dem achtjährigen Gymnasium in Bayern zeigen, sind die Schüler dort infolge der zunehmenden Ausweitung des Unterrichts in den Nachmittag nicht mehr in dem Maße wie früher bereit, ihr Können im Rahmen überregionaler Wettbewerbe unter Beweis zu stellen; so ist für den diesjährigen Wettbewerb "Jugend forscht" die Zahl der Anmeldungen aus diesem Bundesland gegenüber dem Vorjahr um 9,4 Prozent zurückgegangen.
Zurück nach Rheinland-Pfalz: Auch am Kurfürst-Salentin-Gymnasium Andernach wird inzwischen über die Einführung des achtjährigen Gymnasiums im Rahmen einer Ganztagsschule diskutiert.