Quelle 8:
MENDIG. Am morgigen 27. Januar jährt sich der Todestag des im vergangenen Jahr verstorbenen Widerstandskämpfers Willi Lohner aus Mendig. Wegen des unverhüllten Kampfes der Nationalsozialisten gegen die Kirche gründete Willi Lohner als 16-Jähriger im November 1942 mit Hans-Clemens Weiler aus Kruft eine katholische Jugendorganisation. Die beiden Oberschüler nannten die Organisation, die im Sinne des Dritten Reiches einen staatsfeindlichen Charakter hatte, nach dem Schutzheiligen der Deutschen, St. Michael, "Michaeltruppe".
Willi Lohner, der in Bell geboren und in Mendig aufgewachsen war, leitete die "Michaeltruppe". Sein Freund Hans-Clemens Weiler fungierte als sein Stellvertreter. Gemeinsam suchten Lohner und Weiler nach weiteren Mitgliedern. Sie nahmen Kontakte mit einigen Jugendlichen in anderen Orten auf und knüpften Verbindungen bis nach Westfalen. Doch nicht jeder, der bei der "Mitgliederwerbung" angesprochen wurde und die Organisation für gut befand, hatte schließlich den Mut, sich ihr anzuschließen.
Da sich zwangsläufig nicht alle Anhänger der Michaeltruppe kannten, erhielt jeder Neue eine Tarnbezeichnung und eine Erkennungsmarke, um sich gegenüber den anderen Gruppenangehörigen, auszuweisen. Einer der Versammlungsorte der Mitglieder aus der Pellenz war die Johanneskapelle am Korretsberg außerhalb von Kruft.
Anfang 1943 baute sich um die beiden Anführer der Michaeltruppe ein Spionagering auf, um unter anderem Informationen über den Flugplatz in Niedermendig, über die Gestapo und die SS zu sammeln. In ihren Ermittlungen war die Widerstandsbewegung sehr vorsichtig vorgegangen. Informationen wurden nicht per Post, sondern ausschließlich durch Kuriere weitergegeben. Dennoch gelang es der Gestapo, Briefe von Hans-Clemens Weiler abzufangen. Schließlich wurden Willi Lohner, Hans-Clemens Weiler und vier weitere Anhänger am 8. August 1943 festgenommen.
An die Verhaftung kann sich Willi Lohners zehn Jahre jüngerer Bruder Werner gut erinnern. "Ich kam mit meinen Eltern, die in der Heidenstockstraße in Mendig einen Bäckerladen hatten, die Straße hinunter, und wir mussten mit ansehen, wie Willi von der Gestapo abgeführt wurde", berichtet Werner Lohner.
Einige Tage wurden die Verhafteten von morgens bis abends in Koblenz verhört, ehe sie in die Jugendarrestanstalt nach Neuwied verlegt wurden. "Meine Eltern fuhren jeden Tag nach Koblenz, um die Freilassung meines Bruders zu erbitten", erinnert sich Werner Lohner.
Von Neuwied aus kamen die Verhafteten auf die Burg Stahleck bei Bacharach in ein sogenanntes Erziehungslager für Jugendliche. Während die anderen Mitglieder der Michaelgruppe am 8. Oktober 1943 als "Mitläufer" entlassen wurden, blieben Lohner und Weiler bis zum 8. Dezember auf Stahleck. Mittlerweiler stand fest, dass die Ermittlungen der Gestapo in Koblenz abgeschlossen waren: Lohner und Weiler wurde hochverräterisches Handeln vorgeworfen. Von Stahleck aus wurden sie nach Koblenz und von dort nach Göttingen und später in das "Konzentrationslager Jugendschutzlager Moringen/ Solling" bei Northeim gebracht. "In einem als Munitionsfabrik hergerichteten Salzbergwerk mussten die beiden schwer arbeiten", berichtet Werner Lohner. Sie hätten wochenlang kein Tageslicht gesehen.
Weiler zog sich in dieser Zeit eine Tuberkulose zu, von der er sich nie mehr erholte. Willi Lohner wurde am 2. März 1945 aus dem Lager entlassen. Er sollte sich jedoch in Koblenz bei der Staatspolizeistelle zum freiwilligen Dienst in der Waffen-SS melden. Doch dazu kam es nicht mehr. Als er sich bis in seine Heimat durchgeschlagen hatte, waren die Amerikaner bereits im Rheinland. Hans-Clemens Weiler war nicht mehr marschfähig. Er konnte sich jedoch in Sicherheit bringen. Nach einem schweren Rückfall stellte der Amtsarzt 1947 eine Erwerbsminderung von 70 Prozent fest. Weiler starb 1974 in Bonn an den Folgen seiner Tuberkulose-Krankheit. Willi Lohner holte 1946 in Mayen das Abitur nach. Im Anschluss studierte er Musik und Germanistik. Unmittelbar vor dem Staatsexamen schwenkte er beruflich um und wurde Schauspieler. Er lebte mit seiner Familie in Hamburg und führte von 1955 bis kurz vor seinem Tod ein eigenes Tournee-Theater, das "Ensemble Wilhelm Lohner".
Die Verbindungen zu seinem Bruder Werner und dessen Familie sowie zu seinen Freunden in der Vulkanstadt hat Willi Lohner bis zu seinem Tod gepflegt.
(ef)
http://rhein-zeitung.de/08/01/26/CA/00000108.html
26.01.2008 © RZ-Online (www)