Schulleiterin Birgit Vogel
Ort und Anstoß für die aktive Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen von Krieg und Gewalt
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Hoch,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete Frau Thelen und Herr Ruland,
sehr geehrter Herr Landrat Dr. Saftig,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hütten und Herr Bürgermeister Peitz,
sehr geehrte Damen und Herren,
werte Gäste,
ich freue mich, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und ich Sie zur Einweihung des neuen Mahnmals am Kurfürst-Salentin-Gymnasium begrüßen darf. Bereits gestern wurde diese „DenkStätte“ schulintern enthüllt. Heute möchten wir sie nunmehr offiziell ihrer Bestimmung übergeben und damit die gut dreijährige Arbeit an ihrer inhaltlichen Konzeption und künstlerischen Gestaltung abschließen. Es ist für uns ein besonderer Tag im Rahmen der Umsetzung eines einzigartigen Projektes, für das Sie, Herr Hoch, als unser Pate bei „Schule ohne Rassismus“ die Schirmherrschaft übernommen haben. Dafür herzlichen Dank!
Als ich in der Vergangenheit bei der einen oder anderen Gelegenheit außerhalb unserer Schule auf die Absicht, die bestehenden Gedenktafeln durch – ich formuliere jetzt bewusst vage – „etwas Neues“ zu ersetzen, zu sprechen kam, bin ich mehr als einmal auf irritierte Reaktionen gestoßen, so etwas habe man heutzutage nicht mehr, das sei nicht üblich. Aber verbirgt sich hinter derartigen Bemerkungen nicht die unausgesprochene Kernfrage unseres Projektes, nämlich die nach der Erinnerungskultur, die wir pflegen möchten? Konkret: Wie können wir hier am KSG das Erinnern an die Toten aus unserer Schulgemeinschaft, die in den beiden Weltkriegen und der Zeit des Nationalsozialismus und damit vor etlichen Jahrzehnten gewaltsam umkamen, so gestalten, dass es für die Jugendlichen, die heutzutage diese unsere Schule besuchen, bedeutsam wird?
Wir haben lange um die Antwort gerungen. Von der ersten Anregung bis zum heutigen Tag sind über drei Jahre vergangen, drei Jahre, die es brauchte, um schrittweise zu unserer Antwort zu finden. Eine Vielzahl an Ideen wurde in dieser Zeit entwickelt, diskutiert, zurückgestellt, wieder aufgegriffen, zusammengeführt. Ein wichtiger Schritt in diesem Prozess war die Entscheidung der Jury, die im Frühjahr des vergangenen Jahres jene beiden Entwürfe auswählte, auf deren Grundlage das heutige Mahnmal entwickelt wurde. Sie, Herr Landrat Dr. Saftig, übernahmen damals den Vorsitz dieser Jury. Sie taten dies als unser Schulträger, zugleich war es Ihnen auch erkennbar ein persönliches Anliegen. Für diese Unterstützung und dafür, dass wir das Mahnmal heute zudem in der wiederhergerichteten alten Eingangshalle einweihen können, möchten wir uns herzlich bedanken.
Bedanken möchten wir uns auch bei Ihnen, Herr Schumann, stellvertretend für die Vereinigung der Salentiner, die im Jahr 2013 das Mahnmalprojekt angestoßen hat. Sehr schnell war klar, dass dieses Vorhaben ein gemeinsames Projekt von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Salentinern - vornehmlich ehemaligen Schülern und Lehrern unserer Schule - sein würde. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Sichtweisen und Erfahrungen versprach unser Vorhaben ein hochinteressanter, spannender Prozess mit manch angeregter Diskussion zu werden – und dieses Versprechen hat er auch gehalten. Dafür, dass Sie das Mahnmalprojekt angeregt haben und den Weg bis hin zur Umsetzung engagiert mit uns gegangen sind, möchten wir uns ganz herzlich bei allen Salentinern bedanken.
Wie nun sieht die Antwort, die wir gemeinsam auf die Frage nach einer zeitgemäßen Form des Erinnerns für unsere Schule gefunden haben, aus? Sie besteht aus verschiedenen Elementen und Ebenen. Zu ihr gehört auf der allgemeinen Ebene die Symbolik in der Gestaltung des Mahnmals, die uns zentrale Aussagen wie die gesellschaftliche Spaltung und tiefe Verwundung durch Krieg und Gewalt vor Augen führt. Zu ihr gehören auch auf der persönlichen Ebene die Namen der Toten aus unserer Schulgemeinschaft, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind, durch Kriegseinwirkungen umkamen oder wegen ihres jüdischen Glaubens ermordet wurden.
Wie aber sollten wir mit diesen Namen, die bislang auf zwei getrennten Tafeln aufgeführt wurden, umgehen? Unsere überlegung, beide Tafeln zusammenzuführen und damit symbolisch die ermordeten jüdischen Schüler in die Mitte der Gesellschaft, aus der sie damals ausgegrenzt wurden, zurückzuholen, fand die ausdrückliche Unterstützung der jüdischen Kultusgemeinde in Koblenz. Für uns war wichtig, dass auch die Position der Vertreter der Opfer bestimmend war für die Gestaltung des Mahnmals. In unseren Gesprächen hat Herr Avadislav Avadiev, Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde Koblenz und Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz, betont, dass dies genau die Form der Erinnerung sei, die sie sich wünschen. Wir danken der jüdischen Kultusgemeinde für ihre bestärkenden Worte und bedauern sehr, dass Frau Weber, die Herrn Avadiev bei dieser Veranstaltung vertreten und zu uns sprechen wollte, kurzfristig erkrankt ist und deshalb nicht kommen kann. Umso mehr freut es uns, dass Herr Pasternak, Mitglied der jüdischen Gemeinde Koblenz, sich kurzfristig bereit erklärt hat, nachher einige Worte an uns zu richten. Dafür schon jetzt herzlichen Dank.
Ausgrenzung überwinden – ein hochaktuelles Thema auch in unserer gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation. Und genau darin besteht ein weiterer, wichtiger Aspekt unserer Antwort auf die Frage, wie wir die Erinnerungskultur an unserer Schule gestalten möchten. Die Erinnerung soll nicht im Blick auf die Vergangenheit verharren, sie soll für unsere Gegenwart bedeutsam werden und uns Mahnung sein: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Damit versteht sich unser Projekt im besonderen Maße als Teil unseres Engagements als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Wir begreifen unser Mahnmal nicht als ein in sich abgeschlossenes Kunstwerk, sondern als eine lebendige DenkStätte, als Ort und Anstoß für die aktive Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen von Krieg und Gewalt, mit den konkreten Schicksalen der Getöteten aus unserer Schulgemeinschaft. Als ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung wird einmal im Jahr eine Schülergruppe den linken Teil des Mahnmals gestalten. Die ersten dieser Schülerarbeiten können Sie heute bereits auf der Edelstahltafel sehen. Unser Mahnmal wird sich also jedes Jahr verändern. In diesem Sinne endet unser Projekt keineswegs mit dem heutigen Tag, sondern geht in eine neue Phase über, in der wir die Erinnerung auch in ihrer mahnenden Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft wachhalten möchten.
So ist es hier und heute, wo wir das Mahnmal seiner Funktion übergeben, an der Zeit, über die bereits Genannten hinaus all jenen zu danken, die das Mahnmalprojekt in über drei Jahren intensiver Arbeit mit überwältigendem Engagement gestaltet und unterstützt haben. Beginnen möchte ich mit der großen Gruppe derer, die das Mahnmal in seiner Konzeption und Gestaltung erarbeitet haben.
Ein herzliches Dankeschön geht an die zahlreichen beteiligten, inzwischen ehemaligen Schülerinnen und Schülern der Abiturjahrgänge 2015 und 2016, die sich jeweils in der 12. Jahrgangsstufe in den Fächern Geschichte und insbesondere Bildende Kunst mit dem Mahnmal beschäftigt haben. Sie haben sich mit großem Interesse und beeindruckender Kreativität auf das Projekt eingelassen und uns dabei auch immer wieder gezeigt, wie sie sich das Erinnern vorstellen. Stellvertretend für all diese ehemaligen Schülerinnen und Schüler wird Lara Kreienbaum nachher gemeinsam mit Frau Leese, Frau Dr. Bermel und Herrn Hill das Mahnmal vorstellen. Auch dafür jetzt schon danke!
Das Mahnmal wäre auch nicht denkbar gewesen ohne den enormen Einsatz der beteiligten Lehrkräfte Frau Leese, Frau Dr. Bermel, Frau Pietsch, Frau Heidelbach und Frau Weber. Sie haben unsere Schülerinnen und Schüler in jeder Hinsicht unterstützt, unser Vorhaben dabei stets aus den verschiedenen Perspektiven im Blick gehabt und immer wieder überlegt, welcher Schritt als der nächste zu tun war. Gleichzeitig haben Sie unzählige Arbeiten im Hintergrund übernommen, Aufgaben, die man von außen kaum wahrnimmt, die aber für das Gelingen eines solchen Projektes unabdingbar sind. Für dieses vielseitige und herausragende Engagement bedanken wir uns ganz herzlich.
Unser besonderer Dank richtet sich auch an Sie, Herr Hill. Als künstlerischer Leiter dieses Projektes haben Sie die Schülerinnen und Schüler im zweiten Projektjahr begleitet, die ausgewählten Schülerarbeiten zum Mahnmal in seiner heutigen Form entwickelt und dabei stets auch unsere besonderen Bedingungen und Anliegen als Schule berücksichtigt. Auch bei der Errichtung des Mahnmals erwiesen Sie sich als ein über alle Maßen zuverlässiger und einsatzfreudiger Partner. Für all dies danke!
Wir möchten zudem allen danken, die sich für die Finanzierung des Mahnmals eingesetzt und es durch ihre Spende möglich gemacht haben. Das Vertrauen, dass Sie zum Teil schon früh im Entwicklungsprozess in unser Projekt gesetzt haben, war uns Ansporn und Anspruch zugleich. Erst durch Ihre finanzielle Unterstützung konnten wir unseren Vorhaben auch umsetzen, denn es handelt sich ja um ein ausschließlich aus Spenden finanziertes Projekt.
In meinen Dank möchte ich auch all jene einschließen, die gestern und heute auf die eine oder andere Weise zum Gelingen der Veranstaltungen zur Einweihung unseres Mahnmals beigetragen haben und noch betragen werden, vor oder hinter den Kulissen.
Bedanken möchte ich mich schließlich auch bei Ihnen allen dafür, dass Sie heute Nachmittag zur Einweihung unseres lebendigen Mahnmals hier an das Kurfürst-Salentin-Gymnasium gekommen sind. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie nach der Veranstaltung noch etwas blieben, um das Mahnmal und die Ausstellung hier im Raum zu betrachten und miteinander ins Gespräch zu kommen. Vielen Dank!
Reden
- Schulleiterin
Birgit Vogel - Vors. Salentiner
Gerd Schumann - Stellv. Schulleiter
Sven-Erich Czernik - Statssekretär
Clemens Hoch - MdL
Marc Ruland - Foto:
Peter Heinsh