Ernst Loeb: Skandalanzeiger Karneval 1933
herausgegeben von der UI des Humoristischen
Gymnasiums in Andernach
Erscheint illegal.
(Vorlage im Besitz von Josef Hansen, Andernach)
Die Nationalhymne der U I
Heraus aus dem Elend der Paukerei
Lasset uns unsere Tage genießen!
Die Jugend, sie ist doch des Lebens Mai
Drum laßt uns die Stunde begießen!
Wir wollen uns unseres Lebens freun
Laßt uns im Trinken wenigstens "Prima" sein!
Man sagt uns oft: "Ihr seid faul und dumm!"
Und man macht uns ein langes Lamento.
Wir nehmen das aber gar nicht krumm
Denn man lehrte uns: aequam memento!
Vielleicht ist heut mancher Studienrat
Der früher einmal noch weniger tat!
Drum auf Kameraden, - die nächste Rund
Weil wir balde schon scheiden müssen!
Wozu braucht das Mädel den roten Mund
Gäb es keinen, ihn herzhaft zu küssen?
Ein: "Nieder! den Lügen und Heuchelein!
Es lebe die Jugend! Wir wollen uns freun!"
Erlauschtes in der Freistunde
Schmidt: "Ich warne vor Mischehe. Denn Kinder aus solchen Ehen ..."
Heindirk: "sind meistenteils unter dem Bauche weiß gestreift und ..."
Börsch: " auf der Rückseite befindet sich ein Loch, offenbar zur Befestigung ..."
Nix: "Raouls an Helene. Ja, ich liebe ihn so sehr ..."
Börsch: "daß in diesem Falle eine Beschleunigung des Stuhlganges durch Zusammenziehung des Mastdarms die Folge ist ..."
Chef: "Es ist den Schülern strengstens untersagt, auf Gängen und Fluren Haufen zu bilden. Ich möchte empfehlen, vor die Türe zu ...
Börsch: "schei ... nbar entsteht also eine Luftverdichtung, wenn ich einen ..."
Schwab: "Fahren lasse den Groll, o göttlicher Held Achilles!"
Brochhagen: "Jedenfalls kann ich nur eine katastrophale Unkenntnis feststellen. Wenn der Schulrat kommt, werde ich sagen, ..."
Schwab: "Sind'se schtille! Es ist ja schlimm, was man hier mit einem Gesocks zu tun hat!"
Schmidt: Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich."
Hinweis der Redaktion: Die Sprechenden waren Mitglieder des Lehrerkollegiums des Stiftsgymnasiums. Studienrat Peter Schmidt war katholischer Religionslehrer und Priester.
Sparen, Sparen, Sparen!
Aus absolut sicherer Quelle erfahren wir, daß Herr Professor Dr. Johannes Schwab der Verwaltung des Gymnasiums den Vorschlag gemacht haben soll, aus Ersparnisgründen die Rollen auf den Toiletten durch Luftschlangen zu ersetzen.
In expectu
Der Einzug in's Ideenreich
Strömet Tränen, brechet Herzen!
Jammre auf, du Schülerschar,
denn der schmerzlichste der Schmerzen
ward uns heute offenbar!
O, mit Tränen auf den Wangen
ist er von uns heut gegangen
Johann, unser Glück und Stolz!
Weithin auf Olympos Ferne
spricht Athene tiefgerührt:
"Er, der herrlichste der Sterne,
wird mir heute zugeführt!
Ihm Lorbeer in die Locken flechtend
will ich und in süßen Nächten
Gefährtin seiner Liebe sein!"
Eros, darin vielgeübter,
spricht darauf in wildem Schmerz:
"Komm, komm , o mein Geliebter!
eile an mein liebend Herz!"
Hera aber, aufbegehrend
und mit Blicken wild, verhehrend (sic)
spricht mit Wonne: "Er wird mein!"
Und er kam. Statt Lockenfülle
steigt ein kahler Schädel hoch.
Durch der Füße Lappenhülle
duftet mild das Diesseits noch.
Augen, welche milde blickten
und der Erde längst entrückten
spricht er, - und vergißt die Welt:
"Seid gegrüßet, - Platon, Phäton,
gegrüßet im Ideenreich!
Und Ihr Helden, - Diomedon
und ihr all, - Wie heißt Ihr gleich?
Sokrates, Dir nachgeeifert
hab ich, - und die Welt begeifert,
Hellas, eile an mein Herz!
Sokrates in wildem Grimme
und mit Flammen in dem Blick,
ruft mit tiefer Geisterstimme:
"Weiche, Johann! Weich zurück!
Wolle wieder heimwärts schweben
da Du unser Erdenleben
allzu grimmig hast verhunzt!"
Aus Athenes Götterhänden
sinkt der grüne Lorbeerkranz.
Eros, Hera ab sich wenden,
und er steht verlassen ganz.
Von der Erde, ihm zur Ehre
hört er jubelnd Schülerchöre
"Großer Gott, wir loben Dich!"
*
Mir schwant, als sei Melätos unwissend und unbekümmert in dem die Jugend betreffenden Punkte. Füglich, lügt er, er sei gerecht, indem ihm die Erziehung der Jugend am Herzen liege.
Wie verhält es sich nun mit den Pferden, o Melätos?
"Ist nicht ein Pferd, sofern es jugendlich ist, ein Fohlen, ein Fohlen nicht ein Roß?" -
"Ein Roß, o mein Freund Melätos, hat aber vier Beine und einen Schwanz, behufe dessen es Fliegen fängt."
"Ganz und gar!"
"So höre nun, o Andres aus Athen, was sagend dieser Mensch lügt, indem er den Mund öffnet, sagend ich sei ein Roß, weder ein Fohlen oder ein Pferd seiend, noch vier Beine habend. Ob aber, o Andres, ich Fliegen fange, werde ich den Gott in Delphi fragen."
Musterübersetzung der Apologie des Sokrates von Studienrat Prof. Dr. Johannes Schwab nach dem Pontes von Schulmann.