Der Künstlerische Projektleiter Ole Hill
Ole Hill: Unser Denkmal im Rückblick
Nun liegen Enthüllung und Einweihung unseres neuen Denkmals ein Jahr zurück.
Wir erinnern uns an zwei angemessen würdevolle Feiern in der Schulgemeinschaft des Kurfürst-Salentin-Gymnasiums, die Enthüllungsfeier für die Schüler und Schülerinnen und die Einweihung am darauf folgenden Tag, mit zahlreichen geladenen Gästen.
Nachdenkliche Redebeiträge unterstrichen Anlass und Anliegen dieser Feier an einem 09. November und betonten über Parteigrenzen hinweg unisono die Bedeutung unserer demokratischen Grundordnung.
Für emotionale Momente sorgten besonders die musikalischen und performativen Beiträge der Schülerinnen und Schüler, die nicht nur den gestalterischen Rahmen bildeten sondern eindrucksvoll und ergreifend verdeutlichten, wie, einmal mehr mit den »Mitteln« der Jugend und der Kunst, für ein friedliches Miteinander geworben werden kann.
Zwei berührende Begebenheiten werden mir in Erinnerung bleiben. Als Frau Leese in ihrem empathischen Vortrag für einen kurzen Moment die Stimme versagte und nicht wenige im Publikum selbst sichtbar bewegt waren und die Begegnung mit einer alten Dame, die sich persönlich bei mir dafür bedankte, dass der Name ihres im Krieg gefallenen Bruders nun »für ewig erhalten bleibe und sie beruhigt wieder in ihre Heimat zurückkehren könne«. Sie war allein für die Einweihungsfeier aus München angereist und fuhr noch am selben Tag wieder zurück.
Vergessen seien nicht die Bemühungen der beteiligten Fachlehrerinnen Frau Leese, Frau Dr. Bermel, Frau Heidelbach und Frau Weber von der Denkmal-AG, die das Projekt unermüdlich geduldig und stets hochmotiviert vorangetrieben hatten. Die Zusammenarbeit mit ihnen, in der Arbeitsgruppe, wie auch mit der Schulleitung und den Salentinern, hätte zu keinem Zeitpunkt konstruktiver und vertrauensvoller sein können, trotz einiger »Hürden«, die ein solch umfangreiches Projekt mit sich bringt.
So waren, bei allen Beteiligten, Freude und Erleichterung spürbar über das gelungene Werk und den feierlichen Abschluss einer konzentrierten dreijährigen Planungs- und Entwicklungszeit.
Im Jahr 2013 war das Projekt DenkMal durch eine Anfrage der Salentiner zur Neugestaltung der unansehnlich gewordenen Gedenktafel, für die in den Weltkriegen und im Nationalsozialismus getöteten Mitglieder der Schulgemeinschaft, initiiert worden. Daraus entwickelte sich alsbald ein fächerübergreifendes Projekt von Geschichts- und Kunstkursen, unter Leitung von Frau Leese und Frau Dr. Bermel. Ein Jahr später wurde ich als externer Künstler angefragt und übernahm gemeinsam mit Frau Leese die Künstlerische Projektleitung.
Die Herausforderung bestand in der Aufgabe zwei zuvor in einer Juryauswahl ermittelte Schüler-Modelle zu einem Zielentwurf zusammenzuführen und technisch zu realisieren. Meine Aufgabe waren die digitalen grafischen Visualisierungen sowie die technisch-konstruktive Vorplanung und der Entwurf für die zentrale Namenstafel.
Gestalterisch waren die Aspekte Raumbezug, Größe, Form und Materialauswahl zu berücksichtigen und nicht zuletzt das typografische Druckbild der Namenstafel. Zudem sollten alle Namen, unabhängig von etwaigen individuellen Schuldfragen, auf einer gemeinsamen Tafel wieder zusammengeführt werden, mit einem zentralen Feld für die Namen der jüdischen Opfer. Das wurde in der Projektgruppe lange diskutiert. Um zu einer sicheren Entscheidung zu kommen, hatten wir Kontakt zur jüdischen Gemeinde Koblenz aufgenommen, wo unser Entwurf beim damaligen Kantor ausgesprochene Zustimmung fand.
So konnte nach den Sommerferien 2016 und der zwischenzeitlich erfolgten Renovierung der alten Eingangshalle, endlich der Auftrag für die Herstellung der Denkmal-Elemente und die Montage erteilt werden. Mit der Abnahme der Montagearbeiten, nur wenige Tage vor der Einweihung, war auch meine Tätigkeit als Künstlerisch-Technischer Leiter beendet.
Das fertige Werk stellt sich dem Betrachter als eine auf drei Ebenen in den Raum hineingreifende Wandinstallation dar. Vor einer roten Wandfläche, sind nebeneinander eine Edelstahltafel und eine Kupfertafel installiert, letztere mit dem herausgefrästen Einführungssatz von Art. 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Beide Metalltafeln trennt ein gezackter Spalt, überdeckt von einer bedruckten Glastafel als Namensträger - der zentralen Gedenktafel.
Bei aller Klarheit der Gesamtkonzeption bilden die einzelnen Elemente dieses »Lebendigen Mahnmals« einen differenzierten Deutungsraum, was vielfältige Herangehensweisen der Unterrichtsgestaltung mit dem Denkmal ermöglicht.
Mit der jährlichen Neugestaltung der Edelstahlfläche können Schüler und Schülerinnen ihre Vorstellungen und Gedanken um das Themenfeld »Krieg, Gewalt und Verfolgung« weiterhin künstlerisch reflektieren. Damit wird ein unmittelbarer Bezug hergestellt, zwischen den Ereignissen der Vergangenheit und der Interpretation gegenwärtiger Situationen und Verhältnisse.
Vor allem aber wird die Arbeit mit dem Denkmal als ein offener Prozess ständig fortgesetzt werden können. Das Konzept des Lebendigen Mahnmals hält das Gedenken wach und fordert zugleich die Lebenden heraus, mitzugestalten an einer friedvollen und toleranten Gesellschaft. Gedenkkultur ist als zivile Errungenschaft zugleich die stetige Aufgabe für das persönliche Engagement jedes Einzelnen. Wer gelernt hat Anteil zu nehmen, am Schicksal anderer, in der Gegenwart, wie in der Vergangenheit, trägt die Kultur des Gedenkens sinnerfüllt und bewusst auch in die Zukunft.
Wenn es eine Aufgabe für demokratische Bewusstseinsbildung gibt, dann ist Schule als kulturfördernde und persönlichkeitsbildende Einrichtung sicherlich der richtige Ort dafür.
Und die Idee, das Konzept dieses Projekts überzeugt. Nach einem frühen ersten Preis der Landeszentrale für politische Bildung, bereits 2013, ist es aktuell einmal mehr für einen weiteren Wettbewerbspreis nominiert, den »Deutscher Engagementpreis« der Initiative »Demokratisch Handeln«.